Artikel vom 29.07.2024

Stichtag 1. August: Geschlechtseintrag ändern - beim Standesamt



1. November 2024: Weg frei für das SBGG! Für Betroffene ein Meilenstein, hagelt es jedoch auch Kritik am Selbstbestimmungesetz, das die Änderung des Geschlechtseintrags neu regelt. Schon zum 1. August können sich Betroffene beim Standesamt dazu anmelden. Wie funktioniert das genau?

Zum 1. August anmelden, Erklärung im November

Das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) kommt. Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen sollen es nun leichter haben, den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister sowie den Vornamen zu ändern. Einfach per Erklärung beim Standesamt, statt unter gerichtlicher Vorlage mindestens zweier psychologischer Gutachten. Zwar greift das SBGG erst am 1. November, aber § 4 SBGG tritt schon zum 1. August in Kraft. Dieser Paragraph betrifft die Anmeldung von Änderungen beim Standesamt. Zwischen Anmeldung und der Erklärung, Geschlechtseintrag und Vornamen ändern zu wollen, ist eine Frist von drei Monaten vorgeschrieben. Die Erklärung ist spätestens sechs Monate nach Anmeldung abzugeben. Wozu? Um die Wartezeit für jene zu verkürzen, die sich vom Selbstbestimmungsgesetz persönliche Verbesserungen versprechen.

Anmelden: Wie - und bei welchem Standesamt?

Ganz gleich, ob in Deutschland oder im Ausland geboren: Betroffene wenden sich an das Standesamt, das die Geburtsurkunde ausgestellt hat oder bei Heirat im Inland an das Standesamt der Eheschließung. Trifft Beides nicht zu, ist das Standesamt am Wohnort erste Anlaufstelle, das Unterlagen aber auch generell - nach Abgabe der Erklärung - an die zuständige Behörde weiterleiten kann. Und in allen restlichen Fällen? Ist das Standesamt Berlin I Ansprechpartner. Schnell mal durchrufen? Telefonische Anmeldungen sind nicht möglich, sondern sind schriftlich per Brief, Fax mit Unterschrift oder per E-Mail mit elektronischer Signatur zu erledigen. Einige Standesämter stellen dazu Online-Formulare bereit, manche berechnen Gebühren fürs Anmelden. Doch wozu schriftlich? Weil die dreimonatige Frist erst ab Eingangsdatum der Anmeldung läuft - und Anmeldungen, die vor dem 1. August 2024 eingehen, ebenfalls gültig sind.

Kritiker beschreiten Weg der Normenkontrollklage

Derweil reißt der Streit ums Selbstbestimmungsgesetz nicht ab. Diverse Vereine und Organisationen bereiten Musterklagen vor. Um das SBGG wieder zu kippen, könnte es zwei Möglichkeiten geben. Erstens die so genannte abstrakte Normenkontrollklage, einzureichen durch wenigstens ein Viertel aller Bundestagsabgeordneten oder durch eine Landesregierung. Zweitens schwebt den SBGG-Gegnern die konkrete Normenkontrollklage vor. Dieser potenziell bis zum Bundesverfassungsgericht offene Klageweg setzt voraus, dass sich jemand konkret durch das Gesetz in seinen Rechten verletzt fühlt. Denn Kritiker wie die Juristin Eva Engelken, Verein Frauenheldinnen, sehen wesentliche Grundrechte in Gefahr. Etwa dann, wenn biologische Männer, die sich als Transfrauen definieren, in Frauenschutzräume wie Umkleiden eindringen - was das Recht biologischer Männer dem Grundrecht von Frauen überordne.

SBGG: Keine Homosexualität mehr, auch Ärzte warnen

Kritisiert wird auch das Offenbarungsverbot als Beschränkung der Meinungsfreiheit: Wer eine Transperson bewusst mit ihrem alten Namen oder der früheren Geschlechtsidentität anspricht, muss künftig mit Geldstrafen bis zu 10.000 Euro rechnen. Auch der Schwulenverein Just Gay moniert, dass das biologische Geschlecht - Definitionsbasis für Homosexualität - durch die freie Entscheidungsoption des SBGG keine Rolle mehr spiele. Und wenngleich das Bundesfamilienministerium unterstreicht, es handle sich beim Selbstbestimmungsgesetz nicht um eine medizinische Behandlungsrichtlinie: Einlassungen der Bundesärztekammer legen nahe, dass Personenstandsänderungen das Potenzial haben, Betreffende unreflektiert zu Pubertätsblockern greifen zu lassen.

Macht jedes Standesamt, was es will?

Ursprünglich sollte das Verfahren am Standesamt niederschwellig gestaltet werden. Die Praxis verspricht anders auszusehen. Die Informationen, die Standesämter bundesweit zu den Abläufen veröffentlichen, sind nicht ganz einheitlich: Manche fordern zur Anmeldung weitere Unterlagen wie Heirats- und Lebenspartnerschaftsurkunden oder auch beglaubigte Abschriften aus dem Geburtenregister. Wie bei einer Anmeldung zur Eheschließung, obwohl die Anmeldung der Änderung von Vorname und Geschlechtseintrag damit nach SBGG nicht gleichzusetzen ist. Fakt ist: Kein Standesamt muss bei der Anmeldung Unterlagen prüfen, die über eine einfache Feststellung der Identität hinausgehen. Denn eine Anmeldung dient nur der Wahrung der Fristen.

Welcher Vorname darf es sein?

So manches Standesamt kennt eigene Vorgaben der Vornamenwahl, obwohl das Gesetz soetwas offenlässt. Wie die Anzahl der Vornamen nicht zu ändern: Wer Martina heißt, darf nicht zu Martin Max werden - oder umgekehrt. Dabei sah zumindest der Referentenentwurf zusätzliche Vornamen vor. Damit der neue Vorname dem Geschlechtseintrag entspricht, wünschen einige Standesämter Gutachten von Namensberatungsstellen. Mehr noch: Wer seinen Eintrag in Richtung divers ändert oder seinen Geschlechtseintrag streichen will, muss sich einen geschlechtsneutralen Vornamen aussuchen. Ein binärgeschlechtlich konnotierter (klassischer) Vorname oder die Kombination männlicher und weiblicher Vornamen ist unzulässig. Auch darf, wer trans oder intergeschlechtlich ist und den Geschlechtseintrag wechseln will, seinen bisherigen Vornamen nicht behalten. Gar nicht so einfach, den passenden Vornamen zu finden! Zum Glück ist die Anmeldung zum 1. August auch ohne möglich: Die Angabe von Vorname und Geschlechtseintrag wird erst bei der eigentlichen Erklärung bindend. Falls Martina dann statt Martin doch lieber Max heißen möchte.

SBGG diskriminierungsfrei umsetzen

Regelungsvielfalt, die Betroffene in den Communitys durchaus verunsichert. Webseiten wie z. B. sbgg.info.2 von Selbstvertretungsorganisationen informieren rund um das Selbstbestimmungsgesetz. Die Gerichte werden noch viele Fragen der geschlechtlichen Selbstbestimmung von Transpersonen, Intergeschlechtlichen und Nichtbinären beschäftigen, ist man dort überzeugt. Doch wie das SBGG bis dahin diskriminierungsfrei umsetzen? Ein besserer Austausch zwischen Standesamt und Anlaufstellen für diese Personengruppen wäre ein Anfang!

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